Liebe Kolleginnen und Kollegen, Genossinnen und Genossen,

anlässlich Eures Parteitages in Erfurt wenden wir uns als Komitee für eine Arbeiterpartei an Euch, die Delegierten und Mitglieder der Partei »Die Linke«.

Wir sind Mitglieder verschiedener politischer Strömungen der Arbeiterbewegung, Mitglieder und ehemalige Mitglieder der SPD und/oder der Partei »Die Linke«, Mitglieder weiterer linker Organisationen, der Internationalistischen Sozialistischen Gruppe (IV. Internationale, OK) sowie verschiedener Einzelgewerkschaften im DGB.

Ziel dieses Briefes ist, mit denen von Euch, Delegierte und Mitglieder, die wie wir mit großer Sorge die politische Entwicklung verfolgen und in den Klassenkampf eingreifen, eine Diskussion zu eröffnen.

Wir schreiben diesen Brief, weil wir davon ausgehen, dass aus der Diskussion um die Forderungen weitere Forderungen für Arbeiterpolitik, Grundlagen für eine Arbeiterpartei von den Kolleginnen und Kollegen selber entwickelt werden können. Der Brief soll ein erster Anstoß für diese Überlegungen und Entwicklungen durch die offene Diskussion all derer sein, die sich für die Schaffung einer authentischen Arbeiterpartei engagieren und dazu ihre Beiträge, Ergänzungen etc. einbringen wollen.

Vom Standpunkt der Werktätigen und der Demokratie braucht das Land den Bruch mit dem System des Privateigentums an den Produktionsmitteln, der Profitproduktion, die die Basis der Zerstörung der Umwelt ist, den Aufbau einer Wirtschaft im Dienste der Bevölkerung, die Reorganisation der Gesellschaft zur Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse. Um diese drei Kernpunkte geht es. Es geht um den Kampf für den Sozialismus!

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass nichts notwendiger ist, als den Kampf für Arbeiterpolitik, Arbeiterpartei und Arbeiterregierung aufzunehmen und zu intensivieren! Stellen wir uns also die Frage, welche Sofortmaßnahmen eine Regierung, die den Interessen der Werktätigen verpflichtet ist und in deren Interesse handelt, heute zu ergreifen hätte. Wären dies nicht, gestützt auf die Mobilisierung der Jugend, der Werktätigen und der Rentner/innen

■ der Preisstopp für Lebensmittel, die Güter des täglichen Bedarfs, Energie und Mieten;

■ die allgemeine Anhebung der Löhne und der Renten entsprechend der Preissteigerungen;

■ das gesetzliche Verbot der Tarifflucht und das Verbot von Entlassungen;

■ die sofortige Einstellung von Zehntausenden von Beschäftigten in Kitas, Schulen, Universitäten und Kliniken;

■ die Modernisierung und der Bau von Hunderttausenden von Sozialwohnungen;

■ die Rückführung privatisierter oder abgeschaffter öffentlicher Dienstleistungen in den öffentlichen Sektor usw.

Wir halten diese Forderungen weder für »überzogen« noch für »unrealistisch«, sondern ihre Umsetzung und den Kampf dafür für zwingend, wenn die Errungenschaften und Interessen der Werktätigen ernsthaft verteidigt werden sollen.

In der Kriegs- und Antiarbeiterkoalition von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU wurde das größte Rüstungsprogramm der Nachkriegsgeschichte im Grundgesetz verankert. Und wie schon bei der Schuldenbremse wurde ohne jegliche gesellschaftliche Debatte, ohne Diskussion in den Gewerkschaften, Parteien usw. das 100 Milliarden Euro »Sondervermögen« durchgepeitscht als Basis für jährlich „mehr als 2 Prozent des BIP“ (d.h. deutlich über 70 Mrd. Euro/Jahr) für den Rüstungshaushalt, entsprechend der Ankündigung von Scholz vom 27.2.2022.

Nach den hunderten von Milliarden, die im Rahmen der »Coronahilfen« in den Haushalten für Banken und Konzerne bereitgestellt wurden, sollen auch diese Schulden von den Werktätigen und Rentnern abgetragen werden.

Damit ist der Rahmen für massivste Angriffe auf Löhne und Sozialsysteme gegeben. Und deshalb ruft Scholz auf zur »Konzertierten Aktion«. Scholz »lädt ein« zu diesem korporatistischen Gremium exakt in dem Moment, da die Kolleginnen und Kollegen in der Stahlindustrie ihre Warnstreiks für 8,2% Lohnerhöhung bei 12 Monaten Laufzeit beginnen und im Rahmen einer Phase, in der nichts wichtiger ist als die völlige Unabhängigkeit unserer Organisationen und der Bruch mit jeder Form von Burgfrieden.

Lasst uns deshalb über den Kampf für die Verankerung folgender Losungen diskutieren:

■ gegen jede Form des »Burgfriedens« und jede Unterstützung für die Regierungen, die sich auf den Marsch in den Krieg begeben. Für die Unabhängigkeit der Arbeiterorganisationen gegenüber den kriegstreiberischen Regierungen!

■ Gegen den Krieg von NATO, US-Imperialismus und den Staaten der EU und den anderen »Bündnispartnern«!

■ Waffenstillstand, Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine. Für den sofortigen Abzug aller NATO- und US-Truppen aus Europa!

■ Für die Zerschlagung der NATO!

■ Rückzug der Bundeswehr von allen Auslandseinsätzen!

■ Für die sofortige Beschlagnahmung der Militärbudgets und ihre Verwendung für Krankenhäuser, Schulen und Arbeitsplätze!

Die Zeit ist reif für eine Regierung der Werktätigen, die nicht zögern wird, die Mittel dort zu nehmen, wo sie sind: von den Banken und Kapitalisten, die ihre Profite mit »Coronahilfen« und heute mit dem enormen Kriegshaushalt, der immer noch anschwillt, vervielfachen.

Der Kampf für eine Arbeiterregierung ist die einzige Möglichkeit, die Macht der Mehrheit zu etablieren: das ist wahre Demokratie!

Für die Diskussion dieser Fragen und Forderungen sind wir, Werktätige, Rentner/innen verschiedener politischer Strömungen der Arbeiterbewegung, Euch gegenüber, Delegierte und Mitgliedern der Partei »Die Linke«, bereit zur Diskussion.